EVA - MEINE JUGENDLIEBE

Eva war meine erste große Liebe, eine Jugendliebe mit all ihren Freuden und Leiden.

Eva 1947
Als wir uns kennen lernten, war sie gerade 16 Jahre alt geworden. Thea, die Partnerin meines Freun-des Manfred, machte uns miteinander bekannt.
Eva war ein begehrens-wert hübsches Mädchen und ich war glücklich, das sie mich zu ihrem Freund auserkoren hatte, denn ich hatte nicht wenige Konkur-renten. Sie hatte dunkel-blondes welliges Haar und braune, immer etwas ver-träumt blickende Augen. Durch ihre frauliche Figur, sie hatte gut gerundete Hüften und einen vollen Busen, wirkte sie älter. Es war ein Genuss, mit ihr zu tanzen.
Sie ließ sich leicht führen, lag fast schwerelos wie eine Feder in meinen Armen und schwebte graziös mit mir über das Parkett.
Alle Freunde bestätigten uns, dass wir beide ein wunderbares Paar seinen und es eine Augenweide wäre, uns beim Tanzen zuzusehen.
Sie war ein warmherziges, sympathisches Mädchen und ich liebte sie sehr. Dass sie ein wenig meiner Mutter ähnelte, machte sie mir nur noch sympathischer.
Ihr Vater war Kupferschmied und war gar nicht froh über ihre Beziehung zu mir, denn er hatte mit seiner Tochter größeres vor. Eva arbeitete damals im VEB Gubener Wolle als Hilfsarbeiterin, bereitete sich aber an der Berufsschule im Kurs: ,Steno und Schreibmaschine’ darauf vor, einmal als Sekretärin arbeiten zu können. Sie hegte den Wunsch, später einmal in England arbeiten zu wollen. Sicher war das auf die Einflussnahme ihrer Tante Lucie zurückzuführen, die in Westberlin wohnte und vielleicht Verbindungen zu irgendwelchen Leuten im britischen Königreich besaß.
Sie hatte noch zwei jüngere Brüder. Als ältere Schwester hatte sie deshalb familiäre Verpflichtungen und nicht immer Zeit für mich. Und auch sonst führte ihr Vater ein strenges Regime, sie musste abends spätestens um 21.30 Uhr zu Hause sein. Erst als Eva 17 Jahre alt war und keine Sperrstunde mehr den Ausgang einschränkte, lockerte er etwas die Anforderungen und gab ihr bis 23.00 Uhr Ausgang.
Ich stellte auf einmal fest, dass es schon einen großen Unterschied macht, ob man zur eigenen Befriedigung nur ein schnelles Abenteuer möchte (heute sagt man neudeutsch „Quicky“ dazu) und dazu lediglich eine willfährige Partnerin sucht, oder ob man eine geliebte Frau umwirbt, mit der man gemeinsam das Glück der Liebe erleben und genießen möchte.
Deshalb hatte ich auch Verständnis dafür, dass sie sich anfangs nur küssen und zärtlich streicheln ließ, all meine intimen Annäherungsversuche aber abwehrte. Ich genoss es schon, wenn sie mich besuchen kam, sich auf meinem Schoß setzte und an meinem Ohrläppchen knabberte.
Es dauerte fast ein viertel Jahr, bevor sie meinem Drängen nachgab.
In unserem Zelt am Deulowitzer See gab sie sich mir das erste Mal hin. Ich hatte schon mehrmals versucht, sie zu überreden, mit mir am See zu übernachten. Dieses Vorhaben war aber stets gescheitert, weil es ihr ihre Eltern strikt untersagt hatten. Deshalb kam sie oft am Sonntag morgen mit dem Fahrrad zum See nachgefahren. Dort ist dann doch geschehen, wovor ihre Eltern sie eigentlich beschützen wollten. Daran kann man wieder einmal sehen, zum „Sündigen“ muss es nicht unbedingt Nacht sein, das ist genau so gut am Tage möglich.
Sie war noch Jungfrau, als wir uns das erste Mal liebten. Ich war ihr Erster, ohne es auch nur geahnt zu haben. Erst ein kleiner Blutfleck in der Decke machte mich stutzig und ließ mich wähnen, das für Eva etwas Außergewöhnliches passiert war.
Was war ich doch für ein Trottel! Ich, der als Frauenkenner galt, und anderen stets gute Ratschläge gab, hatte sie zur Frau gemacht, ohne es überhaupt zu merken. Ein Fakt, über den ich mich noch lange maßlos geärgert habe, obwohl Eva selbst kein großes Aufheben davon gemacht hat.
Die feste partnerschaftliche Beziehung mit Eva brachte für mich ein Problem, über das ich vorher nie hatte nachdenken müssen: Wie oft soll man miteinander Schlafen?
Als ich mich noch auf „freier Wildbahn“ befand, war das keine akute Frage für mich gewesen. In dieser Zeit regelte sich mein Geschlechtsleben nach den Möglichkeiten, die sich boten, und das konnte mehrmals in der Woche, aber auch einige Monate gar nicht, sein.
Doch wie oft jetzt!!!???
„...Mehrmals am Tag...“ schloss ich schon der Kondition wegen aus, „...jeden Tag...“ schien mir auch zu viel und „...einmal im Monat...“ hielt ich für zu wenig. Eine Zeitschrift „Bravo“ gab es damals leider nicht, in der man heute ohne weiteres nachlesen kann, dass es keine Regel gibt, wie oft man den Beischlaf praktizieren sollte, sondern dass neben einer Reihe anderer Faktoren vor allem die übereinstimmende Lust beider ein wichtiger Maßstab dafür sei.
Ich folgte also dem Ratschlag Dr. Martin Luthers: „In der Woche Zwei (2), macht im Jahre Hundertvier (104), das schadet weder dir noch mir.“
Leider legte ich seine Empfehlung zu schematisch aus. Mittwoch und Sonnabend deklarierte ich als die beiden Wochentage, an denen wir uns lieb hatten. Damals hielt ich das für eine kluge Festlegung, heute weiß ich, dass bei einer solchen starren Handhabung auf die Dauer die Lust nach liebevoller Intimität auf der Strecke bleiben kann.
Am 2. Juni 1948 hatte Eva ihrem 17. Geburtstag. Ich hatte mir dazu eine besondere Überraschung für sie ausgedacht.
Von einem Passbild hatte ich eine ver-größerte Bleistiftzeich-nung angefertigt. Als Geschenk für sie hatte ich das Bild im Bilderhaus Bänisch, gleich hinter der Egelneißebrücke links in Richtung Große Neißebrücke, zum Ein-rahmen gegeben. Das Bild war erst am Tage ihres Geburtstages, einem Freitag, fertig. Ich musste also während der Arbeitszeit schnell zum Geschäft, um das Bild zu holen. Dafür hatte ich mir von einem Arbeitskollegen das Fahrrad geborgt. Dummerweise hatte ich das Fahrrad nicht angeschlossen, als ich ins Geschäft ging. Das war zur damaligen Zeit sehr leichtsinnig. Zu meinem Glück sah ich aber durch die Schaufensterscheibe zufällig, wie ein Kerl mit dem Fahrrad abhauen wollte. Geistesgegenwärtig sauste ich nach draußen und erwischte den Halunken gerade noch. Er ließ das Fahrrad fallen, riss sich los und suchte das Weite. Mir zitterten vor Aufregung alle Glieder, aber es war ja zum Glück alles Gut gegangen. Der Rahmen für das Bild war schon nicht billig, wenn man mir nun noch das Fahrrad geklaut hätte, währe das ein teures Geburtstagsgeschenk geworden.
Bilderhaus Bänisch. Ausschnitt aus einem Foto von Fritz Winkler, veröffentlicht im Gubener Heimatkalender 1960, Seite 25 und 2006, Seite 10.
Mit meiner Gratulation machte ich meinen ersten offiziellen Besuch bei ihrer Familie. Ich wurde freundlich aufgenommen und zum gemeinsamen Abendessen eingeladen. Eva war glücklich und freute sich sehr über die Geschenke. Meine Idee mit dem Bild war aber wohl nicht gut überlegt gewesen, denn dieses Präsent löste nicht den Jubel aus, den ich erwartet hatte. Viel größer war ihre Freude über das Silberherzchen mit ihrem Namen, welches ich ihr aus einem alten Fünfmarkstück gehämmert und gefeilt hatte und das an einem Samtband um den Hals getragen werden konnte.
Mit Eva verlebte ich eine wunderbare Zeit inniger Liebe! Unsere Beziehung dauert ein und ein halbes Jahr. Sie ging in die Brüche, weil meine weitere Entwicklung mich zwang, Guben zu verlassen. Und für eine „Fernbeziehung“ stand mir damals nicht der Sinn.
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