COITUS INTERRUPTUS*

Sie war dunkelhaarig, zierlich, aber gut geformt. Unter Berücksichtigung der schwierigen Nachkriegssituation war sie adrett gekleidet. Sie roch auch gut. Sie hieß Carmen, aber Schneewittchen hätte besser zu ihr gepasst. Ich hatte mehrmals mit ihr getanzt. Sie gefiel mir und sie tanzte gut. Ich hatte den Eindruck, sie fand mich auch sympathisch.
Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich sie erobert hatte, oder ob sie mich nur benutzt hat!? Vielleicht liegt die Wahrheit in der Mitte
Auf alle Fälle war ich mit meinen 17 Jahren auf meine Eroberung sehr stolz und mein männliches Ego war gewaltig gewachsen. Mein Selbstwertgefühl hatte sich bedeutend gesteigert.
Nachdem die Musik den letzten Tanz gespielt hatte, war, wie immer, allgemeine Aufbruchstimmung. Ich wartete mit Manfred vor dem Feldschlösschen, bis sie in Begleitung ihrer Mutter heraus kam. Es war damals nicht unüblich, dass Mütter mit ihren Töchtern gemeinsam tanzen gingen. Da wir den gleichen Weg hatten, gingen wir gemeinsam nach Hause. Es war im Februar 1946 und eisig kalt. Ich hatte es nicht zu hoffen gewagt, aber sie hakte sich bei mir ein und kuschelte sich an mich, denn das dünne Mäntelchen, welches sie anhatte, wärmte sicherlich nicht sehr. Manfred schaute ein wenig neidisch! Ihre Mutter lächelte verständnisvoll!
Vor dem Haus in der Frankfurter Strasse, in dem sie wohnte, angekommen, verabschiedeten wir ihre Mutter und meinen Freund Manfred und gingen ins Haus. Ich war verständlicher Weise sehr aufgeregt, war es doch das erste Mal, dass mich eine Frau mitnahm.
Sie hatte ein kleines Zimmer im ersten Stock. Es war einfach eingerichtet. Das Mobiliar bestand aus Tisch und Stuhl, Schrank und Bett und einem kleinen Eiserofen, dessen Rohr, wie damals oft, durch ein Fenster nach außen führte. Über dem Bett hing ein gerahmtes Foto, auf dem ein Fliegerleutnant abgebildet war. Wie sie mir später erzählte, war es ihr Mann, den sie erst kurz vor Kriegsende geheiratet hatte, und der noch in den letzten Kriegstagen gefallen war. Sie war also junge Kriegswitwe.
Sie machte schnell Feuer an, um das Stübchen ein klein wenig warm zu kriegen. Sie hatte das Licht ausgemacht. Das Zimmer wurde nur schwach durch die Glut im Eiseröfchen erhellt. Und der Widerschein des Feuers malte bizarre Reflexe an die Stubendecke. Als im Ofen das Feuer prasselte, die Ofenplatte anfing rot zu glühen und sich eine wohlige Wärme im Raum ausbreitete, setzte sie sich auf meinen Schoß. Wir schmiegten uns aneinander und schauten in die Flammen.
Bald fanden sich unsere Münder zum ersten Kuss. In Liebesdingen schon erfahren, kitzelte sie mit ihrer Zungenspitze meine Lippen, was mir einen wonnigen Schauder über den Körper jagte. Sie spürte, wie sich meine Männlichkeit regte und ihre Küsse wurden leidenschaftlicher. Ich begann, ihre Brüste zu liebkosen und ihre Schenkel zu streicheln. Als meine Hand unter ihren Rock fuhr, atmete sie heftiger und spreizte bereitwillig ihre Schenkel, um meiner Hand freie Bahn zu schaffen.
Durch die weiten Beine ihres Seidenhöschens ertastete ich ihr krauses Schamhaar und meine Finger versanken in der feuchten Wärme ihres Geschlechts. Auch sie blieb nicht untätig und streichelte liebevoll meine pralle Erregtheit.
Eine Weile genossen wir diese gegenseitigen intimen Berührungen.
Plötzlich hauchte sie mir ins Ohr: „Komm, lass uns ins Bett gehen!!“
Ich nahm sie in die Arme, trug sie zum Ruhemöbel an der hinteren Wand und bettete sie behutsam in die Kissen. Während ich mich meiner Hose entledigte, streifte sie sich Rock und Schlüpfer herunter.
Ungestüm warf ich mich über sie.
„Pass aber auf, dass nichts passiert!!!“, flüsterte sie mir schnell noch zu, wodurch sie die Verantwortung für die Verhütung mir übertrug, denn die Pille gab es damals noch nicht.
„Ja, ja, ich pass schon auf!“ versprach ich ihr hastig, ohne mir im klaren zu sein, welche Willensanstrengung dazu erforderlich war, ein solches Versprechen auch einzuhalten.
Dann aber gab es für mich kein Halten mehr. Erregt, wie ich war, und in meiner Unerfahrenheit sicher auch etwas ungeschickt, versuchte ich in sie einzudringen. Aber ich hatte Schwierigkeiten. Irgend etwas Hartes verhinderte schmerzhaft, dass ich ans Ziel meiner Wünsche kam. Ihr Hüfthalter mit seiner harten Kante genau über ihrer Scham war es, der die, für mich unüberwindbare, Barriere bildete.
„Warte“, sagte sie, als sie mein erfolgloses Bemühen und dessen Grund mitbekam, „ich knöpfe nur schnell die Strümpfe vom Strumpfhaltergürtel, dann kann ich ihn hochschieben und er stört nicht mehr.“
Nun war es endlich so weit. Meine Erregung kaum noch beherrschend und im Kopf die Ermahnung: ,Pass bloß auf ‘, versenkte ich mich in der Wärme ihres Leibes.
Doch kaum hatte sich ein paar Mal Haut an Haut gerieben, spürte ich in meinen Lenden das schmerzlich-schöne Gefühl des bevorstehenden, leider viel zu frühen, Samenergusses. Nur mit äußerster Willensanstrengung überwand ich den Wunsch, mich in ihr zu ergießen, zog meinen Penis im letzten Moment heraus und benetzte mit meinem Sperma lediglich ihr dunkel-gekräuseltes Schamhaar. Ich war befriedigt aber nicht zufrieden! Deshalb wollte ich den Liebesakt fortsetzen. Aber die nachlassende Erektion machte meine Bemühungen zunichte. Hier zeigte sich die Richtigkeit der Volksweisheit: „Der Geist ist willig noch, aber das Fleisch ist schwach!“
Ich fühlte, das kann es nicht gewesen sein. Aber wie sollte ich mich verhalten? Sollte ich die doch etwas peinliche Situation weltmännisch-erhaben ignorieren? Oder sollte ich mich als naiver Anfänger für mein Missgeschick entschuldigen? Ich tat keines von beiden, sondern legte mich wortlos neben sie.
Sie drehte sich zu mir um, streichelte mich verständnisvoll und nahm der verfahrenen Situation die Spitze, indem sie leise fragte: „Hat es dir gefallen?“
Ich konnte nur nicken. Dabei schwirrten mir viele Fragen im Kopf umher. War sie auch unzufrieden, aber ließ es sich nicht anmerken? Oder war es ihr eventuell schon Befriedigung genug, aus mir Jüngling einen Mann gemacht zu haben? Ich wusste keine Antwort!!!
Auf alle Fälle hatte sie große Geduld mit mir Anfänger und machte mir vor allem keine Vorwürfe.
Eng aneinandergeschmiegt lagen wir danach im Bett. In der intimen Wärme unserer Zweisamkeit dauerte es gar nicht lange, und ich war wieder liebesfähig.
Durch ihr Verständnis ermutigt, ging ich also ein zweites Mal daran, mich sexuell zu betätigen. Nicht mehr ganz so erregt, wie beim ersten Mal, dauerte es schon etwas länger, bis ich zum Höhepunkt kam. Aber es fiel mir dennoch schwer, mein Verlangen zu steuern, und ich musste erneut, eher als ich es wollte, den Geschlechtsakt abrupt unterbrechen.
Ich habe in dieser Nacht noch zwei weitere Male „....aufgepasst...“.
Es ging bei jedem Mal besser!
Aber ein guter Liebhaber war ich noch längst nicht.

Doch nach der altbewährten Forschungsmethode: ,Versuch und Irrtum‘, oder wie es heute neudeutsch heißt: learning by doing, habe ich in dieser Nacht aber viel gelernt.
Am Morgen in der Frühe, es war Sonntag, begab ich mich, durch den abrupten Wechsel von wärmender Zweisamkeit zur Kühle des frostigen Februartages leicht fröstelnd und von den Anstrengungen der Nacht etwas lendenlahm, nach Hause, um noch etwas zu ruhen.
Auf dem Heimweg pfiff ich vergnügt vor mich hin. Aber keiner, der mir begegnete, ahnte, warum!

* Vor dem Samenerguss willkürlich abgebrochener Geschlechtsakt. Im Volksmund „Aufpassen“ oder „Rückzieher“ genannt. Eine Verhütungsmethode, die damals selbst in der Ehe vielfach praktiziert wurde.
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